Der Arbeitsmarkt steht Kopf: Flatterten früher zig Bewerbungen ins Haus, regt sich heute auf eine Stellenanzeige kaum noch etwas. In diesem „Arbeitnehmermarkt” sind die wenigen verfügbaren Fachkräfte heiß umkämpft. Sogar halbwegs interessierte Azubis zu gewinnen, wird für Handwerks- und Gastronomiebetriebe, aber auch Steuerkanzleien, Logistikzentren und andere immer schwieriger. Wie lassen sich überhaupt noch Mitarbeitende finden – geschweige denn solche, die zum Job und zum Unternehmen passen? – Reverse Recruiting heißen die Zauberworte.
Was ist Reverse Recruiting?
Das Reverse Recruiting dreht den Bewerbungsprozess um: Die rekrutierenden Unternehmen bekommen keine Bewerbung, sondern gehen selber aktiv mit ihrer eigenen „Bewerbungsmappe” auf Wunschkandidat*innen zu. Basis dafür ist eine starke Arbeitgebermarke (Employer Brand). Sie zeigt, was ein arbeitgebendes Unternehmen einzigartig und für Mitarbeitende attraktiv macht.
Arbeitgebende sind also aufgefordert, die Perspektive zu wechseln. Statt die für sie wünschenswerten Qualifikationen und Anforderungen in standardisierten Stellenanzeigen aufzulisten, rücken sie nun die Kandidat*innen und ihre Bedürfnisse in den Fokus.
Die gute Nachricht ist: Arbeitnehmende suchen ihre Stellen zunehmend nach „soften” Kriterien aus. Sie schätzen flexible Arbeitszeiten, ein positives Arbeitsklima, sinnstiftende Aufgaben. Wenn das Gehalt grundsätzlich stimmt, können sich Unternehmen hierüber gut abheben und ihre Kandidat*innen abholen.
Welche Kandidat*innen passen zum Job und zum Unternehmen?
Teamwork oder Machtposition, Sinn oder Sicherheit, Wertschätzung oder Weiterbildung – wonach streben die Menschen, die als Idealbesetzung in ein bestimmtes Team passen? Gut können das die idealen Mitarbeitenden beantworten, die ein Unternehmen bereits hat. Sie verstehen, wie Menschen ticken, die sich in ihrem Job und Arbeitsklima wohlfühlen. Sie ahnen, wo der Schuh drückt, und welche Argumente wirklich überzeugen. Und sie wissen, wo solche Menschen zu finden sind. Deshalb ist es sinnvoll, sie in Team-Befragungen oder Workshops in den Recruiting-Prozess einzubinden.
Die Mitarbeitenden können sogar selbst zu Recruitern werden. Werben sie in ihrem persönlichen Umfeld oder auf ihren Social-Media-Kanälen Gleichgesinnte an, ist das sowohl effizient als auch effektiv. Erzählen Mitarbeitende z. B. vor einer Videokamera von ihrem Arbeitsalltag, macht das die Recruiting-Kampagne ehrlich und authentisch. Das wirkt. Denn Kandidat*innen erwarten ein klares und realistisches Bild von den Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen. Sind die Aufgaben nicht aussagekräftig beschrieben, ist das oft ein Grund, sich nicht zu bewerben.
Neue Wege gehen
Ein weiteres Problem ist: Die geeignetsten Kandidat*innen suchen meist nicht aktiv nach einer neuen Stelle. Die üblichen Stellenausschreibungen erreichen sie also gar nicht. Langfristiges Networking kann hier eine Lösung sein – oder ganz neue Kommunikationswege. Wie bei jeder herausfordernden Aufgabe helfen Mut, Kreativität und Teamwork, einen passablen Pfad zu entdecken. Das Team SIEGBERG steht für die Expedition bereit!
Autorin: Marion Krobb | Relephant Communication | www.relephant.de